Zwei Konzepte für den langfristigen Hochwasserschutz an der Sihl
13. April 2012 | von admin | Kategorie: AktuellDie Kantone Zürich und Schwyz haben zwei mögliche Lösungen für den langfristigen Hochwasserschutz an der Sihl vorgestellt: ein Entlastungsstollen zwischen Langnau am Albis/Gattikon und Thalwil und eine Kombination von Massnahmen am Sihlsee mit einem Ausbau der Pumpspeicherung beim Etzel-Kraftwerk. Beide Konzepte schützen die Stadt Zürich, aber auch die Gemeinden entlang von Sihl und Limmat vor einem Extremhochwasser. Welche der beiden Lösungen umgesetzt wird, entscheidet sich nach einer Vertiefung der Konzepte bis 2015.
Die Planung des Hochwasserschutzes erfolgte in einem partizipativen Prozess, an dem die direkt betroffenen Gemeinden und Kantone entlang von Sihl, Zürichsee und Limmat aktiv beteiligt waren. Ausgangspunkt des zweistufigen Workshop-Verfahrens waren 35 völlig unterschiedliche Lösungsansätze, die zu zwei möglichen Lösungen verdichtet wurden.
Kombination von Energiegewinnung und Hochwasserschutz
Das Konzept «Kombilösung Energie» sieht den Ausbau des Etzel-Pumpspeicherkraftwerks am Sihlsee vor. Der Sihlsee soll grundsätzlich nicht höher gestaut werden als heute. Durch einen neuen, bedeutend grösser dimensionierten Druckstollen soll jedoch bei Hochwassergefahr mehr Wasser aus dem Sihlsee in den Zürichsee übergeleitet werden können. Mit diesem Konzept können die Kantone Schwyz und Zürich den Hochwasserschutz für die Schwyzer Gemeinden unterhalb des Sihlseedammes, Langnau am Albis, Adliswil und Zürich sicherstellen, die Energienutzung steigern und die Sihl ökologisch und städtebaulich aufwerten. Auch für die Gemeinden an der Limmat unterhalb der Stadt Zürich verbessert sich der Hochwasserschutz. Wird zusätzlich die Alp durch einen Stollen oberhalb von Einsiedeln teilweise in den Sihlsee übergeleitet, sind auch Einsiedeln und die unterhalb gelegenen Gebiete an der Alp noch besser vor Hochwasser geschützt; gleichzeitig ist eine Steigerung der Energieproduktion möglich.
Das Konzept «Kombilösung Energie» kann zeitlich gestaffelt ausgeführt werden: zuerst die verbesserte Regulierung des Sihlsees, später die lokalen Massnahmen entlang des Sihlsees zum Schutz vor hohen Pegelständen bei extremen Hochwasserereignissen und zum Abschluss die Erweiterung des Kraftwerks sowie die teilweise Überleitung der Alp in den Sihlsee. Verzichten die Betreiber des Etzelwerks auf eine teilweise Überleitung der Alp in den Sihlsee, muss der Kanton Zürich für die Hochwassersicherheit lokale Schutzmassnahmen in Adliswil, Langnau am Albis und Zürich realisieren. Die Kombilösung Energie könnte zeitlich gestaffelt innerhalb von 15 bis 20 Jahren umgesetzt werden.
Umleitung des Hochwassers
Das zweite Konzept sieht einen Entlastungsstollen bei Langnau am Albis/Gattikon vor zur Umleitung der Sihl-Hochwasserspitzen in den Zürichsee bei Thalwil. Mit diesem Konzept kann der Kanton Zürich den Hochwasserschutz für Langnau am Albis, Adliswil und Zürich sicherstellen. Zudem ergibt sich Potenzial für die ökologische und städtebauliche Aufwertung des Sihl-Flussraumes zwischen Langnau am Albis und dem Zürcher Platzspitz, wo die Sihl in die Limmat fliesst. Diese Aufwertung kann gleichzeitig oder nach dem Bau des Entlastungsstollens in Etappen realisiert werden. Das Konzept «Entlastungsstollen» könnte der Kanton Zürich innerhalb von acht bis zwölf Jahren umsetzen.
Vertiefung der beiden langfristigen Lösungen
Aus heutiger Sicht kann keiner der beiden Lösungswege eindeutig favorisiert werden. Beide Konzepte schützen die Siedlungsgebiete auch gegen Extremhochwasser. Sowohl der Entlastungsstollen als auch die Kombilösung Energie ermöglichen die ökologische und städtebauliche Aufwertung des Sihl-Flussraums. Und beide Konzepte sind wirtschaftlich: Bei Investitionskosten von 70 bis130 Millionen Franken schützen sie vor Hochwasserschäden von bis zu fünf Milliarden Franken.
Um gemeinsam mit allen Beteiligten einen definitiven Entscheid fällen zu können, müssen die Kantone Zürich und Schwyz die beiden Konzepte vertiefen und zusätzliche Grundlagen erarbeiten. Zu prüfen sind die Auswirkungen auf die Alp, die Sihl, den Sihlsee, den Zürichsee sowie das untere Linthgebiet: Hochwasser, Restwasser, Trinkwasserversorgung, Grundwasser, Siedlungs- und Naturschutzgebiete, Tourismus, Fischerei, Wassertrübung usw. Den Entscheid über die bevorzugte Lösung fällen die Projektpartner voraussichtlich 2015.